Neue Musikinstrumente und Klangerzeuger für Komponisten und Klangkünstler

(Eine Abhandlung über die Entwicklung neuer Klangsynthesizer von Hagen Grabowski)

 

Vorwort des Autors

Schon in meiner Jugendzeit war ich ein Bastler und Tüftler. Ich hatte das Glück, dass mich meine Eltern und Verwandten in meinem unerschütterlichen Willen, das Innenleben aller möglichen elektronischen Geräte durch Zerlegen und Zusammenbau kennen zu lernen, gewähren ließen.

Da ich ein Einzelkind war, verbrachte ich sehr viel Zeit mit älteren Menschen und hörte mir ihre Lebensgeschichten an, die einerseits von Familie, Arbeit und Freunden, aber auch von Kriegserlebnissen und Verlusten berichteten.

In der Schule und später beim Studium lernte ich das Nötige, um in den äußeren Rahmen der Gesellschaft zu passen, doch Kreativität habe dort nie gelernt.

Meine Kreativität entwickelte ich nur durch praktische Experimente und mit dem Erfolg erster Reparaturen an Tonbandgeräten und Kassettenrecordern für Bekannte und Verwandte.

Über die Reparatur von Tonbandgeräten für Schulfreunde kam ich auch zu Musikaufnahmen von damals angesagten Bands aus den 60er und 70er Jahren.

Viel Musik dieser Zeit war signifikant geprägt von Orgel- und Synthesizersounds, die neben den dominanten Gitarren- und Schlagzeugklängen und den einzigartigen Gesangsstimmen diesen speziellen Zeitgeist verkörperte.

Während Mitschüler und insbesondere Mitschülerinnen Sänger anhimmelten, interessierte ich mich mehr für diese Orgel- und Synthiesounds.

Die meisten der damals eingesetzten Orgeln waren Hammondorgeln mit dazugehörigen Leslies und Tonkabinetten. Synthesizer waren in meiner Jugendzeit

(bis 1974) nur monophon oder duophon.

1975 bastelte ich mir einen ersten Synthesizer zusammen, der sogar schon einen Ringmodulator enthielt.

Während der Zeit meines Grundwehrdienstes in der NVA hatte ich trotz des Einsatzes in einem Nachrichtenregiment keinerlei Chance auf innovativen geistigen Input in Bezug auf meine Begeisterung für Elektronik oder Ähnliches.

Die bei der Wehrtauglichkeitsuntersuchung versprochene moderne Nachrichtentechnik bestand vor Ort nämlich nur aus alter russischer Röhrentechnik und einem noch älteren Fahrzeugpark, so dass ich noch vor der Vereidigung meine Verpflichtung für 3 Jahre Armee zurückzog. Auf Grund dieser Entpflichtung bildete man mich zum Baggerfahrer aus, was mich dem Ziel eines schnelleren Studienbeginns zwar näher brachte, aber wohl auch Einträge in meine Akten zur Folge hatte, die verhinderten, dass ich bis zur Wende 1989 in der DDR in irgendeiner Weise hätte beruflich glücklich werden können.

Während des Ingenieurstudiums in Berlin Lichtenberg baute ich 1979 eine elektronische Orgel. Da jedoch die Beschaffung einer gut bespielbaren Tastatur unmöglich war, blieb diese Orgel nur ein Versuchsmodell.

Später dann in den 80er Jahren baute ich zwar noch einige Synthies mit Tastaturen von VERMONA – Orgeln, doch letztendlich scheiterten meine Projekte an fehlenden speziellen Bauteilen und an der Stimmstabilität bei längeren Bühnenauftritten.

1987 plante und entwickelte ich zusammen mit einem anderen Ingenieur, der Musiker war, einen polyphonen Synthesizer. Das Projekt verlief sich aber auf Grund nicht realisierbarer Software für die Tastaturabfrage und Soundspeicherung, so dass Gehäuse und Analogteil nach der Wende zusammen mit allen Unterlagen aus Platzgründen für nur 200 DM verscherbelt wurden.

Als ich noch vor der Währungsunion 1990 ein Musikelektronik – Fachgeschäft in Frankfurt (Oder) eröffnete, ahnte ich noch nicht, dass kein Musiker aus dem Osten in diesen Jahren an speziell kreierten Musikgeräten interessiert sein werden würde.

Nachdem die Deutsche Mark als Zahlungsmittel eingeführt wurde, ging es im Osten nur noch um Konsum. Um überhaupt eine Existenz als Selbständiger beginnen zu können, nahm ich an diesem Konsumwahn teil und verkaufte Alles, was die Leute wollten. Und sie wollten Alles, außer selbst kreiertes Musikequipment.

Als im Frühjahr 1992 der erste Kaufrausch mit billiger Heimelektronik vorbei war, kamen die ersten Vertreter von Großhändlern für Produkte der Musikindustie in meinen Laden. Ab diesem Zeitpunkt und bis zum Oderhochwasser 1997 verkaufte und reparierte ich Musikinstrumente und Zubehör.

Bis zum Jahr 1995 war allerdings auch der Boom im Verkauf von Musikequipment vorbei, was diverse Händler in Existenznöte brachte.

Durch Tauschhandel unverkäuflicher Geräte mit anderen Händlern und durch Annahme gebrauchter älterer Synthies erweiterte ich mein Angebot und begann im November 1995 mit der Produktion von Vertonungsmusik für Schmalfilme der 60er und 70er Jahre, wobei die ständig wechselnden alten Geräte für Einspielungen mit benutzt wurden.

Ich stellte für mich fest, dass mir immer dann neue Melodien einfielen, wenn ich die Geräte neu zusammenstellte. Wenn mir nichts mehr an Musik einfiel, war es an der Zeit, die benutzten Geräte zu verkaufen oder einzutauschen. Nur einige sehr wenige Klangerzeuger aus dieser Zeit habe ich behalten, weil sie sehr selten und einmalig im Sound sind. Ich wusste damals nur, dass ich soviel wie möglich Musik produzieren wollte, denn die Geräte waren offensichtlich sehr vergänglich oder wurden für mich bald langweilig, doch die Musik blieb mir und der Nachwelt erhalten. Viele Synthies hatten nur einen einzigen brauchbaren Sound und wogen aber 10 Kg und mehr.

Auch hatte ich 2 elektromagnetische Hammondorgeln mit Leslies, von denen ich so sehr enttäuscht war, daß ich sie mit Verlusten verkaufte. Alles das nahm ich in Kauf, nur um möglichst viel Instrumentalmusik zu produzieren, denn nur die Musik würde bleiben, war mir klar.

Vielleicht war die Musikproduktion eine Art Vorahnung, denn ab 21.07.1997 war meine Existenz als Musikhändler wegen des Oderhochwassers beendet.

Die Jahre danach nutzte ich, um mir meine 2. Existenz als Überspielservice aufzubauen.

Mit übrig gebliebenen Instrumenten produzierte ich im Jahr 2003 die CD "TIMELESS", die bei vielen Schmalfilmüberspielungen für Kundenverwendet wurde.

Mit dem Umzug nach Waldsieversdorf im Jahr 2010 und dem Aufbau eines neuen Musikstudios versuchte ich mit ergänzendem Zukauf neuer Synthesizer wieder Musik zu komponieren, doch mir viel nichts mehr ein, da die neuen Synthies keinen Funken übersprühen ließen. Diese virtuellen Geräte erzeugten phasenstarre und sich mit jeder Oktave verdoppelnde Schwebungen, wie damals in den 80er Jahren die ersten digitalen Synthesizer, was für mich enttäuschend war.

Für mich bedeutete das: "Entweder du baust dir Synthies nach deinen eigenen Vorstellungen oder du läßt die Finger von der Musikproduktion, denn mit diesen für mich unbrauchbaren Sounds oder virtuellen Animationen ohne musikalisches Eigenleben mag Musik produzieren wer möchte, doch ich kann und möchte lebendige und neue Sounds, die es auf keiner Tauschbörse gibt, oder die in Massenprodukten zu finden sind."

zurück zur Seite MUVIG - Analogsynthesizer

C: 2016-2019